Der Zug der Israeliten vom Meer bis zum Berg Gottes

Fredi Winkler

01 August 2020

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Wo der Berg Sinai, der Berg Gottes, der auch Horeb genannt wird, sich genau befindet, ist gar keine leichte Frage. Der traditionelle Ort, wo sich das Katharinenkloster befindet, wurde verschiedentlich infrage gestellt. Doch der in der Bibel beschriebene Zug durch die Wüste lässt die traditionelle Stelle am wahrscheinlichsten erscheinen.

50 TAGE ZWISCHEN DEM AUSZUG BIS ZUM SINAI, DEM BERG GOTTES

Nach dem Durchzug durch das Meer zogen die Israeliten drei Tage durch die Wüste Schur und gelangten dann nach Mara, wo sie das Wasser nicht trinken konnten, weil es bitter war. (2Mo 15,22-23).

In 4. Mose 33,8 wird diese Wüste Etam genannt, offensichtlich weil sie bei Etam beginnt (2Mo 13,20).

Wo war Mara? Es bietet sich geradezu an, dass dieser Ort bei den Bitterseen war, die bezeichnenderweise bis heute Bitterseen genannt werden. Sie befinden sich heute am Verlauf des Suezkanals und bilden einen Teil des Kanals.

Es scheint, dass der Ort, ausser dass das Wasser bitter war, für die Israeliten immer noch ein relativ angenehmer Ort war. Mose warf, auf die Anweisung Gottes hin, ein Stück Holz in das bittere Wasser und durch ein Wunder Gottes wurde es dann trinkbar (2Mo 15,23-25). Von Hunger ist bis dahin noch keine Rede. Wahrscheinlich gab es da genug Fische in dem See. Aufgrund von 2. Mose 15,25-26 ist auch anzunehmen, dass sie dort einige Tage blieben, bis sie dann weiterzogen, weil ihnen Mose Ordnung und Recht vorlegte, damit sie Gottes Geboten gehorchen.

Die nächste Etappe brachte sie nach Elim, einem angenehmen Ort mit 12 Quellen und 70 Palmbäumen (16,1). Dort blieben sie wahrscheinlich wiederum einige Tage. Die Tatsache, dass dort Quellen waren, lässt vermuten, dass der Ort am Fuss der Berge der Sinai-Halbinsel zu suchen ist, wo in der Wüste normalerweise Quellen entspringen.

Nun gibt der Bericht in 4. Mose 33,10 ein äusserst interessantes Detail. Dort steht nämlich, dass sie von Elim weiterzogen, und sich am Schilfmeer lagerten, womit offenbar das Rote Meer gemeint ist, dort, wo sich heute Port Said befindet.

Hier haben wir den Beweis, dass der Begriff Schilfmeer eben nicht nur für ein spezifisches Meer wie das Rote Meer steht, wie man allgemein annimmt, sondern offensichtlich für eine der natürlichen Gegebenheiten, die an verschiedenen Stellen am Meer anzutreffen ist. Der Begriff Schilfmeer steht in der Bibel, so wie wir gesehen haben, einmal für die Lagunen im Norden von Ägypten, wo die Israeliten durch das Meer zogen, und dann auch für die zwei nördlichen Enden des Roten Meers bei Port Said und beim Golf von Akaba und Eilat.

Ohne das Wunder des Manna wäre der Zug eines Volkes von sechshunderttausend Menschen durch Wüstengebiet gar nicht möglich gewesen. Gott hatte das von Anfang an vorgesehen und geplant, so wie den Zug durch das Meer

 

DER ZUG INS INNERE DES SINAI

Von dem Lagerplatz am «Schilfmeer», zogen sie nun weiter und gelangten am fünfzehnten Tag des zweiten Monats in die Wüste Sin, die zwischen Elim und Sinai liegt (2Mo 16,1 und 4Mo 33,11). Das bedeutet, dass sie nun schon dreissig Tage unterwegs waren. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass Sie am fünfzehnten Tag des ersten Monats aus Ägypten ausgezogen und jetzt am fünfzehnten Tag des zweiten Monats in die Wüste Sin gelangten.

Wo ist die Wüste Sin? Wo ist die Oase Elim? Es fehlen hier genauere Angaben und so kann man nur Vermutungen anstellen.

Allgemein wird angenommen, dass die Oase Elim dort war, wo die Oase Feiran liegt, nämlich in einem Wadi oder schmalen Tal, das hinaufführt ins Gebirge der Sinai-Halbinsel.

Ob das der Weg war, durch den die Israeliten ins Innere der Sinai-Halbinsel zogen, ist unklar. Auf jeden Fall klagten die Israeliten nicht über Hunger, bis sie in die Wüste Sin kamen.

Dort in der Wüste Sin beginnt nun das Murren gegen Mose und Aaron. Die Israeliten hatten, da sie vom Meer und den Lagunen nun endgültig weggezogen waren, keine Fische mehr, und die Vorräte an Brot und Fleisch waren offensichtlich ausgegangen (2.Mo 16,2-3).

Ihr Murren war offensichtlich berechtigt, denn was gab es in der Wüste schon zu essen? Doch Gott hatte auch für das schon vorgesorgt, und so wird nun im weiteren Verlauf von Kapitel 16 beschrieben, wie Gott ihnen Brot vom Himmel gibt, in Form von Manna, und auch Fleisch durch Schwärme von Wachteln (2Mo 16,13-15).

 

DAS WUNDER DES MANNA UND DIE VERORDNUNG DES SABBATS IN DER WÜSTE SIN

Verschiedentlich wurde versucht, das Wunder des Manna durch irgendeine natürliche Erscheinung in der Wüste zu erklären, zum Beispiel als Früchte oder Samen von irgendeinem Strauch in der Wüste. Wenn es aber eine natürliche Erscheinung war, warum sollte das Manna dann jeweils jeden siebten Tag, am Sabbat ausfallen und nicht vorhanden sein?

Eines ist sicher: Ohne das Wunder des Manna wäre der Zug eines Volkes von sechshunderttausend Mann mit Familien (4Mo 11,21) durch Wüstengebiet gar nicht möglich gewesen. Gott hatte das von Anfang an vorgesehen und geplant, so wie den Zug durch das Meer.

Noch etwas hatte Gott mit der ganzen Sache des Manna im Sinn. In 2. Mose 16,4 sagt der Herr, dass Er sie damit prüfen will, ob sie nach Seinem Gesetz leben wollen. Was war damit gemeint?

Es ging zuerst einmal um den Sabbat. Würden sie nach den Verordnungen des Herrn handeln, und am sechsten Tag, eine doppelte Menge des Manna einsammeln? Würden sie am Sabbat nicht hinausgehen, um Manna einzusammeln? Einige haben es trotzdem versucht und nichts gefunden.

Hier, im Zusammenhang mit dem Manna, kommt das erste Mal das Wort Sabbat in der Bibel vor (2Mo 16,23). Vorher hatten sie scheinbar den Sabbat noch nicht gehalten oder sogar nicht gekannt.

Alles spricht dafür, dass hier der Wochenzyklus mit dem Sabbat von Gott eingesetzt wurde. Auch das Wort Woche oder siebter Tag für den Siebentagezyklus kommt bis dahin in der Bibel nicht vor, ausser natürlich in der Schöpfungsgeschichte.

Durch das Manna, das an jedem siebten Tag am Sabbat aussetzte, wurde der Sabbat zu einer der wichtigsten göttlichen Verordnungen für die Israeliten (2Mo 16,23).

 

DIE WEITERE WÜSTENWANDERUNG BIS ZUM BERG SINAI

In 4. Mose 33,12-13 werden Dophka und Alusch als zwei weitere Lagerplätze genannt, die in 2. Mose nicht erwähnt werden. Danach lagern sie in Rephidim, was nun in 2. Mose 17,1 auch wieder erwähnt ist. Nun waren sie schon in der Nähe des Berges Horeb, wo Mose den Felsen schlug (V. 6), weil sie dort kein Wasser zu trinken hatten, und wieder begannen, gegen Mose aufzubegehren. Doch Gott gibt ihnen Wasser aus dem Felsen zu trinken, auf den Mose mit seinem Stab am Horeb schlagen musste.

Dort fand auch der Kampf gegen Amalek statt, bei dem Israel auf wundersame Weise siegte, indem Mose, gestützt von Aaron und Hur, die Hände zu Gott emporhielt.

In Kapitel 18 wird dann berichtet, wie Jitro der Schwiegervater von Mose, zu Besuch kommt und Zippora, die Frau von Mose, und seine zwei Söhne, Gerschom und Elieser, mit sich bringt. Da stellt sich natürlich die Frage: Wo war das Land Midian? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, doch es kann nicht allzu weit vom Berg Sinai entfernt gewesen sein, weil Mose, als er noch die Herde von Jitro hütete, mit der Herde bis zum Berg Horeb gelangte.

In 2. Mose 19,1 wird nun gesagt, dass die Israeliten im dritten Monat nach dem Auszug in der Wüste Sinai ankamen. Sie zogen am 15. Tag des ersten Monats aus Ägypten aus und gelangten am 15. des zweiten Monats in die Wüste Sin
(2Mo 16,1).

Bis zum ersten Tag des dritten Monats waren es nun noch einmal 15 Tage. Das würde bedeuten, dass der ganze Zug von Ägypten bis zum Sinai 45 Tage gedauert hatte.

Die jüdische Tradition sagt nun, dass die Gesetzgebung am Sinai fünf Tage später, das heisst am 50. Tag nach dem Auszug aus Ägypten, geschah, oder besser gesagt: begann, denn sie dauerte ja längere Zeit. Das passt nun genau zu dem, was die Bibel berichtet, da schon in Kapitel 19 Gott beginnt, vom Berg her zu Mose und dem Volk zu reden.

 

DIE 50 TAGE IM BIBLISCHEN FESTTAGS-KALENDER

Diese Zeitspanne von 50 Tagen sehen wir zwischen den zwei ersten wichtigen Festen im biblischen Kalender, nämlich zwischen dem Passahfest am 15. Tag des ersten Monats und dem Schawuot-Fest am 5. Tag des dritten Monats.

Das fand dann später seinen Abdruck auf das Fest der Auferstehung (Ostern) und damit auch auf Pfingsten, was auf Griechisch Fünfzig bedeutet, zumal diese Ereignisse ja an biblischen jüdischen Feiertagen geschahen.

An Pfingsten erinnern wir uns als Christen daran, dass Gott den Heiligen Geist auf die ersten Gläubigen an Jesus herabgesandt hat. Das würde bedeuten, dass in der Zeitspanne von fünfzig Tagen zwischen Passahfest und Schawuot-Fest, eine verborgene, tiefsinnige, symbolische Bedeutung liegt, die zurückgeht auf den Auszug Israels aus Ägypten und ihren Zug zum Berg Gottes, dem Sinai oder dem Berg Horeb.

 

DIE GESETZGEBUNG AM BERG SINAI

Allgemein versteht man unter dem Gesetz, das Gott den Israeliten am Sinai gegeben hat, die Zehn Gebote. Bestimmt stellen sie die Grundlage des Bundes dar, den Gott mit dem Volk Israel am Sinai geschlossen hat, doch Gott gab ihnen noch viel mehr zusätzliche Bestimmungen und Verordnungen. Auch die Anordnungen für den Bau der Stiftshütte mit seinem ganzen Priester-
und Opferdienst gab Gott dem Volk Israel dort am Sinai. Dort wurde alles auch gebaut und hergestellt. Das brauchte Zeit, und so dauerte der Aufenthalt am Berg Sinai beinahe genau zwei Jahre.

Sie kamen dort, wie wir schon gesehen haben (2Mo 16,1), nach 45 Tagen an, am Beginn des dritten Monats nach dem Auszug aus Ägypten, und Gott begann am 50. Tag vom Berg aus mit ihnen und Mose zu reden.

Was dann am Berg Sinai geschah, und was Gott ihnen dort alles vorlegte, das alles umfasst in der Bibel 70 Kapitel, von 2. Mose 16 bis 4. Mose 9.

In 4. Mose 10,11-13 steht: «Und es geschah im zweiten Jahr, im zweiten Monat, am zwanzigsten des Monats, da erhob sich die Wolke von der Wohnung des Zeugnisses. Und die Söhne Israel brachen auf …» Damit haben wir eine genaue Angabe über die Zeit, welche die Israeliten am Berg Sinai verbrachten.